Während die Europäische Union ihren Übergang zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft intensiviert, wird Portugal zunehmend als zukünftiger Hauptlieferant von grünem Wasserstoff (H₂) für den Kontinent angesehen. Mit umfangreichen erneuerbaren Ressourcen, einer strategisch günstigen geografischen Lage und einem wachsenden Portfolio an Projekten für saubere Energie richtet Portugal seine Industriestrategie auf die umfassenderen Dekarbonisierungsziele der EU aus und positioniert sich als zentraler Akteur in der entstehenden Wasserstoffwirtschaft.
Im Mittelpunkt dieses Bestrebens steht das Engagement des Landes für grünen Wasserstoff, der durch Elektrolyse mit Hilfe erneuerbarer Energiequellen wie Sonne und Wind erzeugt wird. Im Gegensatz zu grauem oder blauem Wasserstoff, die auf fossile Brennstoffe angewiesen sind, bietet grüner Wasserstoff einen emissionsfreien Weg zur Dekarbonisierung von schwer zu elektrifizierenden Sektoren wie der Schwerindustrie, der Luftfahrt, dem Seeverkehr und der Energiespeicherung in großem Maßstab. In diesem Zusammenhang sind die natürlichen Ressourcen und die Innovationskapazität Portugals ein klarer Vorteil.
Eines der bekanntesten Projekte, die derzeit entwickelt werden, ist die MadoquaPower2X-Initiative, die im Industrie- und Logistikgebiet von Sines an der Südwestküste angesiedelt ist. Dieses Projekt, das oft als Grundlage für Portugals zukünftiges "Wasserstofftal" bezeichnet wird, umfasst den Bau von zwei Großanlagen, eine für die Produktion von grünem Wasserstoff und eine für die Synthese von grünem Ammoniak. Das von einem portugiesisch-niederländisch-dänischen Konsortium getragene Projekt hat ein Investitionsvolumen von 2,8 Mrd. EUR. Der Baubeginn ist für 2027 vorgesehen, der Vollbetrieb soll bis 2029 erfolgen. Sobald es in Betrieb ist, wird es sowohl den Inlandsverbrauch als auch den Export bedienen, insbesondere nach Nordeuropa, wo die Nachfrage nach sauberen Brennstoffen in den kommenden Jahrzehnten sprunghaft ansteigen wird.
Gleichzeitig wird diese Dynamik durch andere Projekte noch verstärkt. In Castelo Branco wird im Rahmen einer Partnerschaft zwischen einem portugiesischen Konzern für erneuerbare Energien und einem chinesischen Marktführer für saubere Energie eine Anlage zur Herstellung von grünem Wasserstoff entwickelt. Mit einem 25-MW-Solarpark und einer 10-MW-Elektrolysekapazität sollen dort jährlich 900 Tonnen grüner Wasserstoff produziert werden, der in den H2Med-Korridor eingespeist wird, ein neues transeuropäisches Pipeline-Projekt, das die iberische Halbinsel mit Frankreich und Deutschland verbinden wird. Diese Pipeline soll erneuerbaren Wasserstoff über die Grenzen hinweg transportieren und der EU helfen, ihre ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen und gleichzeitig die Energiesicherheit zu verbessern.
Portugals Führungsrolle in diesem Bereich wird nicht nur durch die geografische Lage und die Sonnenstunden untermauert. Das Land hat ein solides Ökosystem für erneuerbare Energien entwickelt und verfügt über jahrzehntelange Erfahrung mit Wind-, Wasser- und Solarenergie. Portugiesische Ingenieure, Universitäten und Energieunternehmen haben sich ein umfassendes Fachwissen über saubere Energietechnologien und Projektentwicklung angeeignet. Dieses Fachwissen wird nun auf grünen Wasserstoff ausgeweitet, einen neueren und weniger ausgereiften Sektor, der ein enormes Potenzial bietet.
Darüber hinaus bringen internationale Partnerschaften das Kapital und die technologische Größe mit, die für die Durchführung solcher Großprojekte erforderlich sind. Die Beteiligung chinesischer und europäischer Investoren an der Seite portugiesischer Unternehmen spiegelt das weltweite Vertrauen in Portugal als stabile, zukunftsfähige Basis für Energieinfrastrukturen wider. Diese Kooperationen tragen auch dazu bei, den Zeitplan für die Wasserstoffproduktion und den Export zu beschleunigen, indem lokales Wissen mit fortschrittlichen Technologien und Finanzierungsmöglichkeiten kombiniert wird.
Neben Wasserstoff macht Portugal auch Fortschritte bei Biomethan, einer oft übersehenen Komponente des grünen Übergangs. Es laufen mehrere Initiativen zur Nutzung von landwirtschaftlichen, kommunalen und industriellen Abfällen zur Erzeugung von Biomethan, einem erneuerbaren Gas, das direkt in das nationale Gasnetz eingespeist werden kann. Diese ergänzenden Bemühungen festigen Portugals Rolle als diversifizierter und anpassungsfähiger Anbieter sauberer Energie.
Entscheidend ist, dass es bei diesen Entwicklungen nicht nur darum geht, Portugals heimischen Energiebedarf zu decken. Es geht darum, Lösungen für die wachsenden Energie- und Klimaherausforderungen Europas anzubieten. Während Länder auf dem gesamten Kontinent ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern und nach skalierbaren, nachhaltigen Alternativen suchen, positioniert sich Portugal sowohl als Lieferant als auch als Innovationszentrum für saubere Brennstoffe.
Mit Projekten, die sich im Bau befinden, und weiteren, die in Vorbereitung sind, sowie mit unterstützenden staatlichen und politischen Rahmenbedingungen der EU ist Portugal auf dem besten Weg, ein Tor für grüne Energie in Europa zu werden. Wenn die derzeitige Dynamik anhält, könnte das Land bis Anfang der 2030er Jahre zu einem bedeutenden Exporteur von grünem Wasserstoff und verwandten Technologien werden und damit Europas Industrien und Städte mit sauberer, lokal erzeugter Energie versorgen.
In einer Welt, die zunehmend von Klimaschutz und Energieresilienz geprägt ist, beweist Portugal, dass Größe kein Hindernis ist, wenn man sich auf eine Vision, Talent und eine langfristige Strategie stützt. Die grüne Wasserstoffrevolution könnte in diesem Land am Atlantik eine ihrer stärksten Startrampen haben.